Schön mit anzusehen, dass sich auch in den sozialen Netzwerken immer mehr ausgestiegene Lehrer und Referendariatsabbrecher fraternisieren und sich gegenseitig Mut machen! Gerne kommentiere und verfolge ich dort die Posts,  und ein Beitrag hat mich in den letzten Tagen so sehr angesprochen, dass ich den Autor gefragt habe, ob er den Artikel auch hier auf “Familie trifft Schule” als Gastbeitrag veröffentlichen möchte. Auf seinen Wunsch erfolgt dies anonymisiert.

Für alle, die mit dem Gedanken spielen, das Ref. abzubrechen, here goes:


Keine Angst vorm Abbrechen des Referendariats

Es wird Zeit, dass ich hier poste. Inzwischen sind fünf Monate vergangen, nachdem ich mein Referendariat ziemlich plötzlich abgebrochen habe. Ich war noch nie glücklich mit der Entscheidung Lehrer zu werden, habe mich damals eben für irgendwas entschieden, hab’ wie so viele Lehramt studiert und bin dann in diesen Malström, der sich Referendariat nennt, hineingeraten. Währenddessen löste sich meine Beziehung auf, ich bekam Suizidgedanken (die ich vorher nie hatte), rauchte wie ein Schlot und nahm drastisch ab. Jetzt geht es mir weitaus besser, ich habe wieder Zeit für Sport, date wieder und habe auch eine Arbeit, die ich liebe.

Direkt nach dem Abbruch habe ich mich arbeitslos gemeldet. Und ja, es stimmt, man bekommt kein ALG1, wenn man nicht innerhalb der letzten zwei Jahre mindestens 12 Monate Sozialversicherungspflichtig gearbeitet hat. Das heißt, man wird Hartz 4 Empfänger, oh Schock, oh Not! …Es war eine wunderbare Zeit! Ich habe mich entspannt, habe mit 30 die Beziehung zu meiner Familie erneuert, alle meine Freunde in gesamt Deutschland besucht und nebenher nach Alternativen geguckt.


Hartz 4 hat mir Zeit zur Umorientierung verschafft.

Das Amt fordert sehr wenig von einem und sichert eine gratis Grundversorgung und nach kurzer Suche und Aktivierung alter Kontakte (habe während dem Studium schon einmal halbzeit gearbeitet), wurde ich nach drei Monaten Entspannung Gastromanager. Ich verdiene jetzt weitaus weniger als ein “echter” Lehrer, aber dafür habe ich unglaublich viel Spaß in meinem Job, erfahre Dankbarkeit (die man vorher kaum bekam) und habe auch Tage und Momente in denen ich sagen kann: “So!, Jetzt haben wir es, das war’s wir gehen jetzt alle nach Hause!” Zu Hause erwartet mich mein, im Ref erstandener Beamer, mein Computer, mein nächstes Date und die Schwimmhalle – eben alle Freizeit die man sich wünschen kann; Keine Vorbereitung, keine Klausuren, keine Eltern.


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Was kann man mit Lehramt noch machen? Vieles, man muss nur flexibel sein!

Ich lese hier immer wieder dass sich viele fragen, was man mit einem Lehramtsstudium überhaupt machen kann. Meine Antwort ist: Vieles, man muss nur flexibel sein!Als ich kurz vorm Abbruch war, hat mich mein Ausbildungsbeauftragter (Mentor) immer wieder mitleidig angeschaut, dabei geseufzt und gesagt: “Tjaaa, was machen wir mit dir?” Während des Beratungsgeprächs, bezüglich meiner Kündigung wollte er es einfach nicht verstehen, dass ich mit dem Umfeld Schule nichts mehr zu tun haben wollte und erzählte mir eine Geschichte von einem Abbrecher, der es Jahre später wieder probiert hätte und dann schließlich mit Ach und Krach eine drei in seinem zweitem Staatsexamen bekommen hat. Für mich war klar, dass ich nicht dieser Kerl sein wollte.


Auch als Seiteneinsteiger außerhalb der Pädagogik kann man einen geregelten Beruf bekommen.

Mein Mentor war allerdings nicht allein mit dieser Scheuklappenmenatlität. Viele “Kollegen” wussten eigentlich gar nicht wie Arbeitswelt außerhalb der Schule aussieht und fast alle haben mich verdutzt angeguckt als ich ihnen sagte, dass ich aufhöre wolle und fragten mich im gleichen Atemzug “Ja, aber was willst du denn machen?”. Dass ich gleich in der Arbeitagentur gefragt wurde, ob ich nicht bei Ihnen anfangen wolle, und ebenso später, im Jobcenter gefragt wurde, ob ich als Fallmanager arbeiten wolle, ist, denke ich Zeugnis dafür, dass man auch als Seiteneinsteiger, außerhalb der Pädagogik einen geregelten Beruf bekommen kann. Euer erstes Staatsexamen ist mehr wert als ihr denkt! Es hängt eben manchmal von der Konjunktur und der Demografie ab, oder warum glaubt ihr dass es auch im Lehramt so viele Seiteneinsteiger gibt?

Ich fühle mich jetzt befreit, bin froh kein Beamtensklave zu sein und möchte *** danken, die mich in diese Gruppe eingeladen hat. Ihr habt mir, in einer sehr schweren Zeit echt weiter geholfen und es freut mich, Texte zu lesen, die mir zeigen, dass man nicht alleine ist/war!

Nachtrag: Aus der PKV kommt man übrigens flott raus, wenn man einen sozialversicherungspflichtigen Job anfängt. Alles locker, keine Sorge. 🙂

***

Anm. Textourette: Wenn du lesen möchtest, wie mein eigener Ausstieg als verbeamtete Lehrerin abgelaufen ist, stöbere gerne weiter im Blog. 🙂