Vor einigen Monaten kontaktierte mich Laura (Name geändert), eine junge Gymnasiallehrerin für Mathematik und Erdkunde aus Niedersachsen, die als Lehrerin kündigen wollte, aber bis dato noch nach dem wann?, wie? und was dann? suchte. Mit ihr durfte ich drei intensive Coachingmonate erleben, bei der mich Lauras Tatendrang und wachsende Entscheidungsfreudigkeit wirklich umhauten. Ich möchte hier ihre Geschichte vorstellen, weil ich den ungewöhnlich scharfen Schnitt, für den sie sich entschieden hat, für sehr bemerkenswert halte. Sicherlich nichts für Jeden, aber zu ihr passt es einfach!


Lauras Wille zum Ausstieg als Lehrerin war bereits da, aber wie realisieren?

Laura stand noch recht am Anfang ihrer Tätigkeit als Lehrerin. Sie war seit zwei Jahren voll im Dienst und alle Zeichen standen im Grunde darauf, von der Verbeamtung auf Probe nun in die Lebenszeitverbeamtung überzugehen. Allerdings hatten sich bei ihr schon im Referendariat erste Unzufriedenheiten gezeigt, die sich in der vollen Stelle aufschaukelten. „Ich bin in Vollzeit untergegangen“, so erzählte sie mir.  Zwar war sie sich zum Zeitpunkt der Kontaktaufnahme schon sicher, dass sie etwas anderes machen wollte, sie wusste jedoch nicht, wo sie anfangen sollte. Erst einmal kündigen und einen Übergangsjob annehmen? Oder doch nebenher etwas anderes versuchen? Wann ließ sich all das frühestens realisieren und was sollte sie überhaupt arbeiten?


Perfektionismus und Überforderung ließen sie ihre Arbeit aufschieben und resignieren.

Laura mochte ihre Schule eigentlich, was ihr jedoch Schwierigkeiten bereitete, waren vor allem die strukturellen Eigenheiten des Lehrberufs: Immer arbeiten und nie den Kopf frei, die Zweiteilung des Arbeitsplatzes in Schule und zu Hause, die Herausforderung, sich die Arbeitszeit größtenteils selbst einzuteilen. Dabei gleichzeitig ihr Perfektionismus und das Fehlen von direkter Rückmeldung zur Arbeitsqualität. Sie wollte objektive Kriterien, an denen sie erkennen konnte, dass ihre Arbeit gut war. Nach und nach hatte sich eine gewisse Resignation und Überforderung eigestellt, die sie ihre Arbeit aufschieben ließ und dabei extrem frustrierte. 


Lauras Coachingziel: Einen Plan für den Lehrerausstieg haben, die nächsten Schritte kennen und sich damit wohl fühlen.

Ich denke, wir haben den Plan gesprengt, Laura 😉 Während ich sie im Erstgespräch noch eher zögerlich und verunsichert erlebte, wuchs ihre Entschlossenheit und Tatkräftigkeit von Mal zu Mal. Zunächst begannen wir damit, Ordnung in ihr Gedankenchaos zu bringen. Dabei strukturierten wir unser Vorgehen, so dass der Fahrplan der ersten Videocalls vorgezeichnet war. Wir wollten zunächst  eine Bestandsaufnahme Ihrer Fähigkeiten, Interessen und Werte machen und darüber auch Feedback von ihrem Umfeld einholen. Danach wollten wir uns konkreten Ausstiegsfragen zuwenden. Die Umfeldbefragung, die Laura anhand eines vorgefertigten Dokuments bei 5 Personen ihres Vertrauens durchführte, ergab sehr ausführliches, wertschätzendes und interessantes Feedback.


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Laura ließ Freunde, Kollegen und Familie Alternativen und No-Gos für sie entwickeln und begründen.

Was sich aus der Umfeldbefragung herauschristallisierte war, dass Lauras Umfeld sie als extrem strukturiert, analytisch, offen und empathisch wahrnahm. Man traute ihr den Umgang mit komplexen Verwaltungsaufgaben ebenso zu, wie das Jonglieren von Zahlen, die Arbeit mit Menschen – oder, und darauf war Lauras Resonanz am größten – etwas kreativ handwerkliches. Schon beim zweiten Termin eröffnete Laura mit den Worten: „Ich habe mich jetzt übrigens entschieden, dass ich definitiv zu den Sommerferien kündige.“ Okaaaayyyy, damit gab sie ordentlich Tempo vor, denn es war schon März und eine Alternative musste noch gefunden werden 🙂 


Anhand eines Workbooks zur Umorientierung arbeiteten wir uns vor zu ihrer Idee.

Anhand eines Workbooks, mit dem ich gute Erfahrungen gemacht habe und das ich gerne in meinen Coachings einsetze, arbeitete Laura drei Schwerpunkte für sich heraus: Verwaltung, Sport/Freizeitbereich und ein Handwerk. Die Vorstellung, ein Produkt mit eigenen Händen zu schaffen und den ganzen Prozess dabei in der Hand zu haben reizte sie. Doch wie entscheiden? Hierfür ermittelten wir für alle Teilbereiche direkte Möglichkeiten, sich mit Personen aus dieser Branche darüber auszutauschen, Erfahrungen zu machen und so das Bauchgefühl auf eine breitere, rationale Basis zu stellen. Auch war es jetzt an der Zeit, konkret das Kündigungsgespräch mit der Schulleitung vorzubereiten, Klarheit über die Konsequenzen zu schaffen und den Zeitpunkt festzulegen, wann sie auch Schüler und Eltern davon informierte.


„Ich kenne da so eine Tischlerei, da darf ich mal einen Tag vorbei kommen“

„Ich habe übrigens mit X, Y und z gesprochen, so wie geplant, und alle weiteren To Dos abgearbeitet. Ach, und dann kenne ich noch diese Tischlerei, wo ich mal einen Tag vorbei kommen darf.“ So begrüßte mich Laura bei ihrem vierten Coaching Termin. Sie haute wirklich rein! Gemeinsam erarbeiteten wir einige Fragen, die sie bei ihrem Vor-Orts-Termin in der Tischlerei stellen konnte, um das Berufsfeld und die Branche für sich zu erkunden. Außerdem bereitete es Laura Bauchschmerzen, dass sie nicht recht wusste, wie und wo sie nach Stellenausschreibungen suchen, und ihren bevorstehenden Bewerbungsprozess angehen sollte, wofür wir auch konkrete Lösungsansätze entwickelten. 


Einen Monat später stand Lauras Entscheidung für die Alternative.

Zwei Wochen später verblüffte mich Laura abermals, als sie verkündete: „Das Praktikum war super! Ich habe da richtig Lust drauf! Ich bewerbe mich jetzt zum 01.08. auf einen Ausbildungsplatz bei einem Tischler. Durchgerechnet habe ich das auch schon. Passt.“ Dabei strahlte sie wie frisch verliebt. Ihre Familie war bereits informiert und unterstützte ihre Entscheidung. Mit einer Freundin hatte sie ihre Bewerbungspapiere auf Vordermann gebracht und sie wirkte extrem sortiert und motiviert. Sie schaue zuversichtlich in die Zukunft und sei einfach nur freudig gespannt. Ob es bei ihr Gedanken gebe wie „dieses Mal bloß nicht vermasseln“, fragte ich. Nein, entgegnete sie. Sie sehe ihre berufliche Zukunft als Prozess und sei neugierig, was nach der Ausbildung komme. Vielleicht eine weitere Spezifizierung, bei der sie das Handwerk mit ihren sonstigen Fachkenntnissen als Pädagogin und Mathematikerin verbinden könne.


Nach zwei Wochen Bewerbungsphase: Die Lehrstelle ist im Sack!

Aktuell hat Laura das Gespräch mit ihrer Schulleitung bereits geführt und ist damit auf Offenheit und Verständnis gestoßen. Ihre letzten Wochen in der Schule laufen. Und wieder einmal kam Laura mit einer guten Nachricht um die Ecke. Per Mail schrieb sie mir, dass sie nach nur zwei Wochen Bewerbungsphase nun für einen Ausbildungsplatz für eine Tischlerlehre unweit ihres Wohnortes unterschrieben habe und sich unheimlich darauf freue! Auch aus meiner Sicht fühlt sich das für Laura extrem stimmig an. Wow, was für ein Ritt! 🙂 Über den weiteren Verlauf halten wir euch auf dem Laufenden.