Heute wurde Abi in meinem Englisch LK geschrieben, so wie in jedem anderen Abi-Englischkurs in NRW.

Da ist man sich als Lehrer doch gelinde gesagt etwas auf den Arm genommen vorgekommen…

Es gilt allerdings nach wie vor GEHEIMHALTUNG! Das heißt, die Klausuren sind jetzt für den internen Gebrauch veröffentlicht, dürfen aber noch nicht zugänglich gemacht werden.

Aber vielleicht darf man ja vage drüber sprechen…

Die Auswahl im LK bestand zwischen A: einem recht eindeutigen und anspruchslosen Zeitungsartikel, der inhaltlich auf einem Silbertablett Steilvorlagen am laufenden Band präsentierte

und B: einem auf den ersten Blick recht abschreckenden Gedicht. Auch hier hätte man was rausholen können, allerdings hätte das aufgrund des doch recht abstrakten Charakters deutlich mehr Arbeit und Risiko bedeutet. Und man hätte dazu ganz einfach einiges auf dem Kasten haben müssen, um 4 1/4 Zeitstunden über dieses verhältnismäßig kurze Gedicht zu schreiben.

In den drei LKs meiner Schule hat sich natürlich KEIN EINZIGER Schüler für das Gedicht entschieden. Sie wären ja auch bescheuert! Um bei Vorschlag A ein Defizit, also eine 4- und drunter zu kassieren, muss man quasi schon ein leeres Blatt abgeben.

Neben dem Punkte-Ausverkauf im vorgegebenen Bewertungsraster ist die gelenkte Themenwahl also ein weiteres Instrument des Landes NRW, um die Abiturquote zu heben. Ähnlich lief es schon vorgestern beim Deutsch-Abitur. Gut für die Schüler, ich gönn’s Ihnen. Für jeden mitdenkenden Englischlehrer aber ein Tritt in den Allerwertesten für seine Arbeit!

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Update nach der Korrektur der Klausuren:

Die Klausuren sind eher mittelmäßig bis enttäuschend ausgefallen. Unglaublich! Wie kann man so eine billige Klausur nicht verwandeln?

Es gab wirklich Beschämendes in den Klausuren zu lesen – und ich meine nicht nur sprachlich, sondern vor Allem auch inhaltlich. Die Mehrheit der Schüler hat die Klausur nicht annähernd so ernst genommen, wie man es im Abitur erwarten sollte. Da wurde teilweise komplett sinnentleerter und umgangssprachlicher Schund niedergeschrieben, kaum Dinge von dem umgesetzt, was wir monatelang vorher intensiv geübt hatten – ich konnte mir nur noch vor den Kopf hauen.

Nur ganz wenige Schüler haben verstanden, was das moderne Klausurformat von ihnen will (nämlich dämliches Abarbeiten von inhaltlichen Punkten, Formalia und von durch die Fragestellung schon vorgegebenen Aspekten nach bestimmten stilistischen Regeln) und es lustlos und mechanisch bedient – und dafür zwischen 10 und 13 Punkten bekommen.

Kein Schülertext hat Lesefreude bereitet, alles erschien wie eine krampfhaft dargebotene akrobatische Leistung.

Ich freue mich täglich, dass ich das alles nicht mehr mit anschauen muss…


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